Freitag, 21. März 2008

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Dan McCall: "Jack der Bär"

Eines jener Bücher, das man mit missionarischem Eifer allen heimlich auf den Nachttisch legen möchte, auf dass sie sich sofort in die Welt von Jack dem Bär fallen liessen. Und sich festbeissen in der Schilderung einer gar nicht so heilen Welt im Amerika der 70-er Jahre. Und mitdenken, mit Jack, dem Bären, der sich manchmal doch sehr über seinen trinkenden und kiffenden Vater ärgern muss. Aber Jack the Bear, benannt nach einer Jazzplatte von Duke Ellington, hat eigentlich ziemlich vieles ganz gut im Griff. Auch wenn ihm das überhaupt nicht so vorkommt.

Freitag, 1. Februar 2008

Soma sei Dank

Aldous Huxley: Schöne neue Welt

welt
So weit ist es also mit den Menschen gekommen: keine Krankheit, keine Unruhe, kein Elend. Im Jahr 632 nach Ford werden die Nachkommen in Flaschen gezüchtet und mit Soma vom aufreibenden Akt des Denkens abgehalten. Alle sind glücklich – oder alle könnten es sein, gäbe es da nicht diese Aussenseiter, die halsstarrig fordern: „Ich brauche keine Bequemlichkeit. Ich will Gott, ich will Poesie, ich will wirkliche Gefahren und Freiheit und Tugend. Ich will Sünde!“. Fraglich, ob es mit der Schönen Neuen Welt ein gutes Ende nehmen kann.


„Möchtest Du nicht frei sein, Lenina?“
„Ich verstehe dich nicht. Ich bin frei. Frei, um mich herrlich zu unterhalten. Jeder ist heutzutage glücklich.“
Er lachte bitter. „Ja, jeder ist heutzutage glücklich. Bei den fünfjährigen Kindern fangen wir damit an. Aber möchtest du nicht frei sein, um auf irgendeine andere Art glücklich sein zu können, Lenina? Auf deine eigene Art etwa, nicht auf jedermanns Art?“
„Ich verstehe dich nicht“, wiederholte sie.


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Pflichtlektüre für Zweiflerinnen, Satte und Zufriedene, hartnäckig Fragende, Jammerer, Kritikerinnen, selig Dämmernde, Besserwisserinnen, Wiederleser, Richter und Henkerinnen, Geschichtenerzählerinnen und Widerrufer.
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Aussenseiter
Gesellschaft
Science Fiction

Montag, 28. Januar 2008

Kritik, gezeichnet.

Inge Sauer: Jörg Müller – Die Welt ist kein Märchen. Skizzen, Illustrationen, Bilderbücher…

Das Aha-Erlebnis bleibt bei fast niemandem aus, wenn man nur schon den Titel seines ersten Bilderbuches erwähnt: „Alle Jahre wieder saust der Presslufthammer nieder oder Die Veränderung der Landschaft“ machte den Bieler Grafiker und Illustrator Jörg Müller 1973 über Nacht berühmt. Die grossformatigen Bildtafeln illustrieren die Wandlung eines kleinen Schweizer Dörfchens über den Zeitraum von 19 Jahren und wurden schlagartig weltweit bekannt. Später publizierte Müller weitere gesellschaftskritische Bilderbücher, viele davon mit dem ebenfalls aus Biel stammenden Schriftsteller Jörg Steiner. mueller
„Die Welt ist kein Märchen“ ist der Katalog zu einer gleichnamigen Wanderausstellung, die 2007 zum 65. Geburtstag von Jörg Müller in der Schweiz eröffnet wurde. Neben zahlreichen Interviews enthält das Buch viele Illustrationen aus längst vergriffenen Büchern.
"Ich bin als Kind von meiner Mutter mit Bilderbüchern verwöhnt worden. Die starken Eindrücke, die mir davon geblieben sind, beeinflussen mich auch heute noch, denn alle meine eigenen Bücher sind auch Bücher für den kleinen Jörg Müller. (..) Es ist mir aufgefallen, dass Kinder nicht, wie im Allgemeinen Erwachsene, Illustrationen als fremde Betrachter sehen, sondern viel eher, als wären sie selbst die Bildautoren. Was für mich heisst: wenn ein Bild für mich stimmt, dann ist es auch richtig für die kindlichen Betrachter. Da muss ich mich nicht in fremde Kinderträume versetzen, meine eigenen sind dieselben.“

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Ein hervorragender Beobachter, ein kritischer Geist und ein Künstler, der mit seinen Themen und seiner Arbeit sich selber treu geblieben ist: Jörg Müller malt keine Märchenbücher mit Schmalzmoral und zuckersüssem Happy-End, sondern konfrontiert die Betrachter mit Tierfabriken, Abfallbergen und Überwachungskameras auf Spielplätzen. Der Ausstellungskatalog bietet eine Übersicht auf das aussergewöhnliche Werk eines konsequenten Zeichners.
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Bilderbücher
Illustrationen
Kunst

Dienstag, 15. Januar 2008

Bella Italia

Falk spirallo Reiseführer: Gardasee & Umgebung – 2006

Das Magazin mit einem ersten Überblick, historischem Abriss, den Rubriken Sport, Essen & Trinken, Kultur, Flora & Fauna und Highlights auf einen Blick.
Westlicher Gardasee: u.a. Salo, Gardone Riviera, Sirmione
Östlicher Gardasee: u.a. Riva del Garda, Garda, Malcesine und Monte Baldo
Verona
Nördliche Lombardei: Brescia, Lago d`Iseo, Bergamo
Ausflüge: Cremona, Mantova, Vicenza
Spaziergänge & Touren: Monte Baldo, Sirmione, Tremosine und Tignale, in Norden von Riva, durch die Weinberge
Praktisches: Reisevorbereitung, Reisezeit, das Wichtigste vor Ort
Reiseatlas (Kartenteil)

falk
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Die „Falk spirallos“ sind handliche und sehr praktische Reiseführer, die viel Infos in kompakter Form und brauchbares Kartenmaterial liefern. Die Hinweise „Wohin zum…Übernachten, Essen und Trinken, Einkaufen und Ausgehen" enthalten Adressen und Tipps, Vorschläge für Spaziergänge leiten durch grössere Städte. „Nicht verpassen!“ heisst es für absolut Sehenswertes. Ein Sprachführer hilft bei Verständigungsproblemen.
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Reiseführer
Reisebibliothek H
Oberitalien, Gardasee

Montag, 14. Januar 2008

So ein Frust!

Claire Bretecher: Die Frustrierten I

Schon die Widmung spricht Bände: „Für den, dem ich alles verdanke…*“, schreibt Claire Bretecher, ehemalige Klosterschülerin und bissige Cartoonistin der Frauenbewegung in den 80er Jahren und das Augenmerk hat sich dabei auf den besternten Hinweis zu richten: * „…das kostet nicht viel und macht `ner Menge Leute Freude“ steht unten an der Seite und man sieht die ehemalige Zeichenlehrerin förmlich lakonisch grinsen. frustrierten Wer weiterliest, grinst nicht nur, sondern lacht schallend: über frustrierte Mütter, triboelektrische Bauchbinden oder bornierte Künstler. Bretecher zückt die Lupe und marschiert zeichnend durch den Alltag. Zeitlos die Dialoge, überdauernd die Paarkonflikte, klassisch die Erziehungshürden. Und frustriert sind sie alle, die Protagonisten – ganz wie wir.






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Ein Cartoon-Klassiker – und immer dann besonders zur Betrachtung empfohlen, wenn man sich wieder einmal selbst viel zu ernst nimmt und mit frustrierter Miene im Sofa hängt. Wirkt meistens. Doppelt frustrierend ist allerdings, dass sich seit der Erstausgabe der Cartoons 1978 gesellschaftlich so gut wie gar nichts zu verändert haben scheint.
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Cartoons

Donnerstag, 3. Januar 2008

Ach, Herr Jensen

Jakob Hein: Herr Jensen steigt aus

jensen Herr Jensen wird Briefträger. Vor allem deshalb, weil er gar keinen Traumberuf hat und auch sonst nicht so recht weiss, wie das gehen soll mit dem Leben. Dann geht das einfach so weiter. Herr Jensen verliert seinen Job bei der Post, Herr Jensen schmeisst den Fernseher zum Fenster raus und Herr Jensen ist verzweifelt. Denn er weiss immer noch nicht, wie das alles funktionieren soll. Bis andere Leute ihm sagen, wie es zu gehen hat, das Leben. Aber Herr Jensen ist nicht so, wie die Leute zu wissen glauben.

„Aber was tust du den ganzen Tag?“, fragte Matthias, der sich etwas unwohl zu fühlen schien in seinen teuren Schuhen und dem eleganten Mantel.
„Wie ich schon sagte: Ich mache nichts“
„Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich wüsste gar nicht, wie ich den Tag herumbekommen soll.“
„Das genau ist die Kunst“, sagte Herr Jensen. „Das war am schwersten zu lernen. Von Anfang an bekommen wir eingetrichtert, dass wir unsere Tage irgendwie mit Beschäftigung füllen müssen. Das stimmte vielleicht vor vielen Jahrzehnten, als morgens alle aufstanden, um die Äcker zu bestellen, weil es im Winter sonst nichts zum Essen gab. Aber heute stimmt das nicht mehr.“ Das Ganze machte ihm langsam Spass. So klar wie in diesem Gespräch hätte er diese Gedanken früher nicht formulieren können. Es war schon wichtig, dass man ab und zu mit den Menschen sprach, dachte Herr Jensen.



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Zu Beginn ist es ja ganz lustig mit Herrn Jensen. Ein skurriler Typ, ein komischer Kauz – was macht er als nächstes und findet er sogar eine Frau Jensen? Aber irgendwann tut sich die Kluft auf: was will Herr Jensen denn eigentlich sein? Ein Alltagsphilosoph? Ein Lebenskünstler? Ein Versager? Oder ein Trottel? Alles soll er sein, denkt man über diesen Herrn plötzlich verärgert – und das geht eben nicht. Auch wenn gerade das das Thema des Romans ist – die fragile Balance zwischen Irrsinn und stinknormaler Alltäglichkeit, eine Parodie auf die Tretmühle, die sich hochtrabend Leben nennt – vor lauter Wechseln zwischen ernst und lustig wird einem beim Lesen ganz merkwürdig. Irgendwie.
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Arbeitslosigkeit / Alltag / Aussteiger
Belletristik
ausgeliehen

Montag, 31. Dezember 2007

Gegen Stolz und Vorurteile

Anne Tyler: Tag der Ankunft

Noch grösseren Stellenwert als der Geburtstag von Susan und Jin-Ho hat ihr Tag der Ankunft: jedes Jahr feiern die Donaldsons und die Yazdans diesen denkwürdigen Tag, als sie ihre beiden Adoptivkinder aus Korea auf dem Flughafen in Baltimore abgeholt haben. tyler-ankunftDie Adoption der beiden asiatischen Kinder ist vorerst der einzige Berührungspunkt zweier Familien, die gegensätzlicher kaum sein könnten: Bitsy und Brad Donaldson, prototypische Amerikaner – direkt, enthusiastisch und bestrebt, alles möglichst korrekt abzuhandeln. Und Ziba und Sami Yazdan, Einwanderer aus dem Iran - verwurzelt in den Traditionen des orientalischen Heimatlandes und ständig bemüht, sich so amerikanisch wie nur möglich zu verhalten. Rasch freunden sich die beiden Familien an und es entstehen Berührungspunkte, die sich zu festen Banden der Freundschaft verdichten.

Als dann der Tag feststand – der Dienstag, was für ein Schock –, ging es um das Menü. Bitsy fand offenbar, dass die Yazdans „die Regeln verändert“ hatten, wie sie sich ausdrückte, als sie im vergangenen Jahr ein komplettes Essen servierten. „Ich meine, überleg doch mal, was wir im ersten Jahr gemacht haben“, sagte sie zu Dave am Telefon. „Wir haben die einfachsten Erfrischungen bereitgestellt, Tee und Kaffee und Kuchen. Aber letztes Jahr! Letztes Jahr gab es so viel zu essen, damit hätte man ein ganzes Obdachlosenheim einen Monat lang durchfüttern können.“ (..) Dave lachte. Ihm gefielen die Yazdans. An der Oberfläche schienen sie alle unkompliziert zu sein, so unschuldig und leicht zu beeindrucken, aber hin und wieder bekam er kurze Einblicke in ein komplexes Innenleben.


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Man ist geneigt zu denken: ein langweiliges Buch! Keine spektakulären Unfälle, keine dramatischen Wendungen, ja nicht einmal hemmungsloser Sex oder ein skrupelloses Verbrechen. Aber: das Buch liest sich wie Butter, wie Erdnussbutter wohl, und es ist toll. Daran ändern auch so langweilige Themen wie Toleranz, das unter die Lupe nehmen von Vorurteilen und ein ironischer Lichtstrahl auf überkorrekte Mütter und traditionenbehütende Patrioten nichts.
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Adoption / USA / Familie / Iran.
Belletristik
ausgeliehen

Sonntag, 30. Dezember 2007

Klein und frech

Jackie Niebisch: Die kleinen Wilden

Die kleinen Wilden haben es satt, immer nur Beeren zu sammeln. Sie wollen endlich das grosse, dicke Mammut jagen und eine saftige Scheibe Mammutschinken verspeisen. Sie graben Gruben und schleudern Speere – auch wenn ihnen die Alten die Mammutjagd strengstens verboten haben. Zur Strafe müssen sie vor der Höhle schlafen – aber sie geben nicht auf. Denn wenn man klein und wild ist, heisst es treffend in dieser Geschichte, haut einen so schnell nichts um.


Die kleinen Wilden waren beim Nüssesammeln, als der Allerkleinste sagte: „Mein Ur-Ur-Urgrossvater hat mal erzählt, dass man einem Mammut nur eine grosse Nuss an den Kopf werfen muss, dann wird es auf der Stelle geisteskrank und redet wirre Sachen: `Wann frisst mich endlich jemand auf?` Oder: Ich möchte ja so gern aufgefressen werden!` - solche Sachen.“ 412F5EF49PL__AA240_
„So was sagt das Mammut?!“
„Na klar! Man muss nur richtig treffen. Bei Volltreffern sagt es noch ganz andere Sachen: `Ich möchte aber auf keinen Fall roh verzehrt werden, sondern nur überm Feuer zubereitet, ganz zart und saftig!`“
Das klingt nicht schlecht, dachten sich die anderen kleinen Wilden. Und schon sortierten sie die grössten Nüsse aus.







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Ein Kinderbuch? Mit vier kleinen Protagonisten, die ein unschuldiges Mammut mit einem Bindfaden ersticken wollen (Jugendgewalt!), um aus seinen Füssen Hocker zu basteln? Und die auch nicht vor unflätigen Beschimpfungen (Mobbing!)zurückschrecken (Du glaubst, Du wärst ein Mammut? Du bist kein Mammut, merk Dir das! Du bist ein kleiner, oberhässlicher Wabbelsack, der dumm aus der Wäsche guckt mit einem Kringelbeisser-Buckel-Zottel-Fussel-Schlabber-Ekel-Stink-Wurm!) Und die nicht auf ihre Eltern hören und sich auch durch konsequentes Strafen nicht von ihrem Tun abhalten lassen?
Eben drum. Neunjährige lachen sich kringelig beim Lesen. Vor allem: sie lesen. Siebenjährige lernen nützliche neue Schimpfwörter. Und hey: das Mammut überlebt!
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Kinder / Steinzeit / Mammut
Bibliothek Kinder

im Regal:

CLAIRE BRETECHER. Die Frustrierten I / JAKOB HEIN: Herr Jensen steigt aus / ALDOUS HUXLEY: Schöne neue Welt / JACKIE NIEBISCH: Die kleinen Wilden / INGE SAUER (Hrsg.): Jörg Müller - Die Welt ist kein Märchen. Skizzen, Illustrationen, Bilderbücher / ANNE TYLER: Tag der Ankunft

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